Das „Regionale Friedensbündnis VS“ entstand im Jahr 2012 als Teil der deutschen und internationalen Friedensbewegung. In unserer Zeit, die immer mehr von Konfrontation, Kriegen und bewaffneten Konflikten gekennzeichnet ist und in welcher Militär eine immer größere Rolle spielt, setzen wir uns ein für gewaltfreie zivile Konfliktlösungen, Bekämpfung der Kriegsursachen, die drastische Reduktion von Rüstungsausgaben und den Stopp von Waffen-Exporten.
Wer wir sind
Wir sind eine Gruppe von Menschen aus den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar, die sich für eine friedliche Welt
engagieren. Einmal im Monat treffen wir uns im Martin-Luther-Haus in VS-Villingen, um uns auszutauschen und gemeinsame Aktionen zu planen.
Was wir tun
Wir setzen uns mit politischen Konflikten auseinander und bemühen uns um ein tieferes Verständnis ihrer Ursachen.
Wir lehnen jede Form militärischer Gewalt ab und engagieren uns für gewaltfreie Konfliktlösungen.
Wir suchen das Gespräch mit Politiker*innen in unserer Region. Bei Mahnwachen treten wir in den Dialog mit der Bevölkerung.
Wir organisieren und unterstützen öffentliche Veranstaltungen zu friedenspolitischen Themen.
Wir beteiligen uns aktiv an Aktionen der deutschen und internationalen
Friedensbewegung.
Wer unsere Ziele teilt und Interesse hat, bei uns mitzumachen, ist herzlich willkommen.
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Für eine Zukunft ohne Atomwaffen
Ca. 70 Menschen kamen am 6.8.2025 auf dem Osianderplatz in Villingen zusammen, um der Toten von Hiroshima und Nagasaki zu gedenken. "Gedenken reicht nicht, Atomwaffen abschaffen!" war das Motto der Veranstaltung.
am 01.09.2025 | Lesedauer 10 Minuten
Den Frieden gewinnen - nicht den Krieg! war einer der Leitsätze bei der Hiroshima-Gedenkfeier.
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80 Jahre Hiroshima und Nagasaki.
80 Jahre – Zeit zum Vergessen? Viele Menschen wollen vergessen, manche können nicht vergessen. In Europa war der 2. Weltkrieg am 8. Mai 1945 offiziell beendet. Aber wenige Monate später erschütterte ein neues Waffensystem die Welt: Waffen, die mit einer bisher nicht vorstellbaren Zerstörungsintensität Menschen töten und Umwelt vernichten – das kann nicht vergessen werden, daran erinnern wir.
Rede von Helmut Lohrer am Hiroshimatag in Villingen:Die Mühe, aus der Geschichte zu lernen
Es gibt Momente in der Geschichte, die einen tiefen Schnitt hinterlassen. Der 6. August 1945 war ein solcher Tag. In den Morgenstunden fiel über Hiroshima die Atombombe, abgeworfen von einem US-amerikanischen Bomber. In einem einzigen Augenblick wurde eine bis dahin unzerstörte Stadt in ein glühendes Inferno verwandelt. Zehntausende Menschen starben sofort, viele weitere in den folgenden Tagen, Wochen und Jahren an den Folgen der Strahlung. Heute, 80 Jahre später, sind nur noch wenige der Überlebenden, die Hibakusha, am Leben. Doch die Narben, die dieser Angriff hinterlassen hat, sind nicht verheilt. Sie reichen bis in die Gegenwart. Denn auch die Nachfahren der Opfer leiden noch heute unter den Spätfolgen der radioaktiven Verseuchung.
Hiroshima war nicht das Ende. Drei Tage später fiel eine zweite Bombe auf Nagasaki. Auch hier starben unzählige Menschen in einem Höllenfeuer. Dabei war Japan zu diesem Zeitpunkt militärisch besiegt, die Kapitulation stand unmittelbar bevor. Es gab also keine militärische Notwendigkeit für diesen Angriff. Sie waren eine Machtdemonstration. Die USA wollten ihre neue Waffe präsentieren und der Welt zeigen, dass sie über ein Instrument verfügen, das jeden Gegner in die Knie zwingen kann. Zugleich waren die Bombenabwürfe ein zynisches Experiment: Man hat die Opfer nach ihrer jeweiligen Strahlendosis erfasst und die Spätfolgen beobachtet. Diese Studien bildeten die Grundlage für viele der heute noch geltenden Strahlenschutz-Grenzwerte. Dass diese Grenzwerte auf der systematischen Beobachtung von Opfern eines Kriegsverbrechens beruhen, ist ein kaum zu fassendes Beispiel für den Zynismus unserer Zeit.
Man sollte meinen, dass solche Ereignisse ein Weckruf für die Menschheit gewesen wären. Doch die Lektionen von Hiroshima und Nagasaki wurden nicht gelernt. Im Gegenteil: Heute existieren weltweit mehr als 12.000 Atomwaffen. Russland und die USA besitzen jeweils über 5000 Sprengköpfe, viele davon in ständiger Alarmbereitschaft. Die Bombe, die Hiroshima zerstörte, war eine vergleichsweise kleine, unpräzise abgeworfene Uranbombe. Die heutigen Wasserstoffbomben haben teilweise eine hundert- bis tausendfache Zerstörungswirkung. Und in einem Atomkrieg würde nicht eine, sondern hunderte, vielleicht tausende dieser Waffen zum Einsatz kommen. Die Folgen wären nicht nur das Ende einzelner Städte, sondern das Ende unserer Zivilisation.
Trotzdem wird uns von politischer Seite immer wieder das Märchen der "nuklearen Abschreckung" erzählt. Begriffe wie "Atomschirm" oder "strategische Stabilität" sollen uns suggerieren, dass diese Waffen letztlich unserer Sicherheit dienen. Doch in Wahrheit ist diese sogenannte Sicherheit eine Wette auf das ewige Ausbleiben des Ernstfalls. Ein Konstrukt, das nur so lange funktioniert, wie kein Fehler passiert, wie keine Provokation eskaliert und kein Mensch am Drücker nervös wird.
Erschreckend ist dabei auch die Unkenntnis, die ich immer wieder bei Entscheidungsträgern erlebe. Militärs, aber vor allem Politiker, die nie wirklich verstanden haben, was es bedeutet, wenn auch nur eine einzige dieser Waffen eingesetzt wird. Diese Menschen reden über "begrenzte Atomschläge" und "taktische Optionen", als wäre das eine militärische Variante unter vielen. Dabei läuft jeder Einsatz von Atomwaffen unweigerlich Gefahr, eine Eskalationsspirale auszulösen, die sich nicht mehr kontrollieren lässt. Wer ernsthaft glaubt, dass nach dem Einsatz einer Atombombe Vernunft einkehren würde, der verkennt die Dynamik solcher Konflikte.
Und als ob dieser Irrsinn nicht genug wäre, erleben wir parallel die Renaissance von Zivilschutzprogrammen. Es werden Ratschläge veröffentlicht, wie man sich bei einem Atombombeneinsatz verhalten soll. Es werden Pläne über die Reaktivierung oder den Neubau öffentlicher Schutzräume diskutiert. Private Atombunker boomen, Anbieter werben mit Schutz vor Druckwellen und radioaktivem Fallout. Man verkauft die Illusion, man könne einen Atomkrieg überleben, wenn man nur rechtzeitig in seinem Bunker sitzt. Doch das ist eine fatale Verharmlosung. Wer sich nicht schon bei Alarm im Bunker befindet, wird kaum eine Chance haben, ihn rechtzeitig zu erreichen. Und selbst wer den Erstschlag überlebt: Was passiert danach? Die Infrastruktur wäre zerstört, Wasserquellen verseucht, medizinische Versorgung nicht mehr existent. Ein nuklearer Winter mit drastischen Temperaturstürzen und globalen Ernteausfällen würde das Leben in weiten Teilen des Globus für Jahre unmöglich machen. Keine Betonwand, kein Filtergerät wird daran etwas ändern. Wer in Bunker investiert, investiert in eine Illusion, die uns vom Wesentlichen ablenkt: Der einzige wirkliche Schutz vor einem Atomkrieg ist, ihn zu verhindern.
Zur musikalischen Umrahmung der Gedenkfeier präsentierte die japanische Sängerin Aya Koyama japanische Volksliedkunst.
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Doch die Realität sieht anders aus. Wichtige Rüstungskontrollverträge, die mühsam ausgehandelt wurden, sind in den letzten Jahren aufgekündigt worden. Der INF-Vertrag, der die Stationierung von Mittelstreckenraketen untersagte, wurde 2019 durch die USA gekündigt. Ohne Not, ohne nachvollziehbare Begründung. Und tatsächlich sollen nun neue Mittelstreckenraketen, Tomahawk-Marschflugkörper und Hyperschallwaffen wie "Dark Eagle", die in wenigen Minuten Moskau erreichen können, stationiert werden. Diese Waffen verändern die Spielregeln. Wenn es keine Vorwarnzeiten mehr gibt, wenn die Reaktionszeit sich auf wenige Minuten verkürzt, dann wird der Finger am Abzug nervös. Die Schwelle zum Atomkrieg sinkt dramatisch.
Auch Russland reagiert mit Stationierungen an den Grenzen Europas. Diese Spirale der Eskalation dreht sich immer schneller. Ich kann das alles nur der Unkenntnis oder dem Zynismus der politischen Entscheidungsträger zuschreiben. Vielleicht ist es auch eine Mischung aus beidem. Der Wunsch, Macht und Dominanz zu demonstrieren, ist auf allen Seiten zu beobachten. Doch es bringt unser aller Leben in Gefahr.
Die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, aber auch der schwelende Konflikt um Taiwan sind Beispiele für diese Eskalationsgefahr. An all diesen Konflikten sind Atommächte beteiligt. Jede dieser Auseinandersetzungen kann der Funke sein, der das atomare Pulverfass zur Explosion bringt.
Dabei gibt es Alternativen. Und es gibt sie nicht nur in der Theorie. Ich begegne in meiner Arbeit vielen Menschen, die den Willen zur Verständigung und zum Frieden haben. Menschen, die sich nicht von der Kriegslogik vereinnahmen lassen. Ein Beispiel ist Bischöfin Kristen Fehrs, die als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirchen in Deutschland erst vor 2 Tagen Atomwaffen für ethisch nicht vertretbar erklärt hat und deren vollständige Ächtung fordert.
Ein Hoffnungsschimmer ist auch der Atomwaffenverbotsvertrag, der 2017 von einer breiten Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten beschlossen wurde. Inzwischen haben 94 Staaten unterzeichnet, 73 haben ihn ratifiziert. Die Atomwaffenstaaten ignorieren diesen Vertrag bislang, manche setzen sogar Länder, die ihn unterstützen, unter Druck. Aber der Vertrag existiert. Und das ist ein Signal. Ein Signal, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung die Existenz von Atomwaffen nicht mehr akzeptiert.
Was wir brauchen, ist eine Politik, die versteht, dass unser eigentliches Sicherheitsinteresse nicht in militärischer Dominanz besteht, sondern im schlichten Überleben. Es geht nicht darum, sich zu behaupten, zu zeigen, dass wir uns nichts gefallen lassen. Es geht darum, einen Atomkrieg zu verhindern. Und dazu gehört auch, die Sicherheitsinteressen der Gegenseite zu verstehen. Ja, auch Russlands Sicherheitsinteressen müssen wir ernst nehmen, Intelligente Politik erkennt die Perspektive des anderen an und sendet Signale der Verständigung.
Das Land mit den meisten Atomwaffen zu isolieren, sowohl militärisch, als auch wirtschaftlich und kulturell, ist keine kluge Politik.
Ich habe vor kurzem mit Politikern und Friedensaktivisten gesprochen, die in Moskau waren. Sie erzählten mir, dass alle ihre Gesprächspartner dort der festen Überzeugung waren: "Der Westen bereitet sich auf einen Krieg gegen Russland vor. Also müssen auch wir uns vorbereiten." Viele hier werden sagen: "Es ist doch genau umgekehrt." Aber genau das ist der Punkt. Es ist eine Frage der Perspektive und eine Frage, welcher Propaganda wir ausgesetzt sind.
Wir müssen erkennen, dass wir letztlich die gleichen Interessen haben. Die Folgen eines Atomkrieges kennen keine Grenzen. Die Forderung nach einer neuen Entspannungspolitik ist deshalb keine Schwäche, sondern die einzig vernünftige Option.
In den 80er und 90er Jahren hat die Politik uns zugehört. Die Menschen sind auf die Straße, haben Druck aufgebaut, Rüstungskontrollverhandlungen wurden geführt, Verträge geschlossen. Heute erleben wir das Gegenteil: Verträge werden gekündigt, Aufrüstung wird als "Zeitenwende" gefeiert.
Es liegt an uns, das zu ändern. Wir dürfen nicht resignieren. Unsere Stimme ist wichtig. Wir müssen uns zusammenschließen, uns gegenseitig Mut machen und für den Frieden eintreten. Nicht irgendwann. Jetzt.
Die Mühe, aus der Geschichte zu lernen, ist nicht vergeblich. Sie ist überlebenswichtig.
(Dr. Helmut Lohrer, Villingen)
Beitrag von Arno Weber über die Friedensnobelpreisträger im Kampf gegen Atomwaffen: Friedensnobelpreise
Man kann in der Vergangenheit sich über die ein oder andere Vergabe des Friedensnobelpreises wundern, in den meisten Fällen lag die Jury wohl richtig. Und die Jury hat auch erkannt, dass der Kampf gegen Atomwaffen eine ganz zentrale friedenspolitische Fragestellung ist. Das ist wohl auch der Grund, warum bereits siebenmal der Preis, immerhin einer der bedeutendsten Auszeichnungen weltweit, für das Engagement gegen Atomwaffen vergeben wurde.
Es begann 1962, verliehen 1963, mit dem bereits 1954 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichneten Wissenschaftler Linus Pauling, der sich intensiv für die Beendigung von Atomwaffentests und gegen die Verbreitung von Atomwaffen eingesetzt hatte und dem dafür zeitweise der amerikanische Reisepass entzogen wurde.
1974 wurde der ehemalige japanische Ministerpräsiden Eisaku Sato für sein Engagement in der Versöhnungspolitik im pazifischen Raum und gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen ausgezeichnet, insbesondere für den Beitritt Japans zum Atomwaffensperrvertrag. Ein Preis der allerdings nicht ganz unumstritten ist, da Sato einige Jahr zuvor in einer Geheimabsprache den USA die Stationierung von Nuklearwaffen erlaubt hat. Aber man kann ja, dazulernen. Der Preis 1974 ging zur Hälfte auch an Sean MacBride vom Internationalen Friedensbüro für den langjährigen Einsatz für Menschenrechte.
Die Organisation International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) in Deutsch die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs erhielt 1985 den Friedensnobelpreis für ihre „sachkundige und wichtige Informationsarbeit“, die das Bewusstsein über die „katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges“ in der Bevölkerung erhöht. Ein deutsches Vorstandsmitglied, Helmut Lohrer, ist heute hier anwesend. Die deutsche Sektion der IPPNW ist die größte berufsbezogene Friedensorganisation in Deutschland.
Zehn Jahre später, 1995, ging der Friedensnobelpreis an den polnischen Physiker mit britischen Pass Jozef Rotblat und die in Kanada gelegenen Pugwash Conferences on Science and World Affairs für Ihre Anstrengungen, die Rolle von Atomwaffen in der internationalen Politik zu verringern. Rotblat hatte zuvor das Manhatten-Projekt, also die Entwicklung der ersten Atombombe, aus ethischen Bedenken verlassen und zusammen mit Einstein und Russel die Pugwash-Konferenzen initiiert, die auch bei internationalen Abrüstungsverträgen, den Atomteststoppvertrag und dem Atomwaffensperrvertrag eine wichtige Rolle spielten.
2005, erneut 10 Jahre später, wurde die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammen mit seinem Generaldirektor, dem Ägypter Mohammed el-Baradei, für ihren Einsatz gegen den militärischen Missbrauch von Atomenergie sowie für die sichere Nutzung der Atomenergie für zivile Zwecke geehrt. Die IAEO hat sich dabei mehrfach mit Regierungen angelegt, sowohl was die Entwicklung von Atomwaffen betrifft, als auch zu Fake-News über angebliche Massenvernichtungswaffen, die gar nicht vorhanden sind aber als Kriegs-Rechtfertigungsgrund fungieren.
2017 kam dann die im Statement vorher bereits beschriebene International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) für ihre Arbeit, Aufmerksamkeit auf die katastrophalen humanitären Konsequenzen von Atomwaffen zu lenken, und für ihre bahnbrechenden Bemühungen, ein vertragliches Verbot solcher Waffen zu erreichen, zu den Preisträgern hinzu.
Im letzten Jahr, also 2024, ging der Preis an die japanische (Überlebenden-)Organisation Nihon Hidankyō, auf English: Japan Confederation of Atomic and Hydrogen Bomb Sufferers Organizations für die Bemühungen, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen, und für den durch Zeitzeugenberichte belegten Nachweis, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden dürfen. Ähnlich wie bei den deutschen Opfern der Nazi-Diktatur sind Zeitzeugenberichte enorm wichtig, damit nicht vergessen wird, dass ein „Nie wieder“ auch für immer ein „Nie wieder“ bleibt.
Unsere Aktion zu 80 Jahre Kriegsende und Befreiung erhielt einen erfreulich starken Zuspruch. Etwa 30-40 Zuhörende hatten sich am Freitag, 9.5. auf dem Latschariplatz in Villingen versammelt, - auf dem Bild leider nicht zu sehen - , um beim Verlesen des Europäischen Manifests des European Peace Projects dabei zu sein. Im Anschluss an die Textverlesung ergaben sich viele interessante und anregende Gespräche.
Am Freitagnachmittag (9.5.) um 17 Uhr versammelten sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger auf dem Latschariplatz in Villingen, um ein Zeichen für den Frieden in Europa zu setzen. „80 Jahre vom Krieg befreit – Unsere Pflicht, dass es so bleibt“, so war auf einem Transparent zu lesen.
Im Zentrum der Versammlung stand die öffentliche Verlesung eines europäischen Manifests, des „European Peace Projects“. Es beinhaltet einen leidenschaftlichen Aufruf für ein friedliches und geeintes Europa ohne Krieg. Das Manifest wurde zur gleichen Zeit in fast allen europäischen Ländern, in 16.000 Städten und in mehr als 30 Sprachen ausgerufen, auch an so symbolträchtigen Orten wie dem Eiffelturm in Paris bis zum Kolosseum in Rom, von der Akropolis in Athen bis zum Brandenburger Tor in Berlin. Das Statement kritisiert scharf die aktuelle Politik der EU und fordert eine Rückbesinnung auf die ursprünglichen Friedensideen Europas. Es ruft zur Diplomatie auf, lehnt weitere Eskalationen im Ukrainekrieg ab und fordert konkrete Initiativen wie ein europäisch-russisches Jugendwerk und eine neue Sicherheitsarchitektur unter Einbeziehung Russlands.
Die Veranstaltung in Villingen wurde organisiert vom Regionalen Friedensbündnis VS.
Hier der Text des Manifests zum 8./9. Mai 2025:
Das Manifest – European Peace Project
Heute, am 9. Mai 2025 – genau 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der 60 Millionen Menschen das Leben kostete, darunter 27 Millionen Sowjetbürgern, erheben wir, die Bürgerinnen und Bürger Europas, unsere Stimmen! Wir kritisieren unsere Regierungen und die EU, die die Lehren des 20. Jahrhunderts nicht gelernt haben. Die EU, einst als Friedensprojekt gedacht, hat den Wesenskern Europas verraten! Wir, die Bürger Europas, nehmen darum heute, am 9. Mai, unsere Geschicke und unsere Geschichte selbst in die Hand. Wir beginnen mit Bürger-Diplomatie und verweigern uns einem möglichen Krieg gegen Russland! Wir erkennen die Mitverantwortung des „Westens“, der europäischen Regierungen und der EU an diesem Konflikt an.
Wir, die Bürger Europas, treten mit dem European Peace Project der Heuchelei und den Lügen entgegen, die heute – am Europatag – auf offiziellen Festakten und in öffentlichen Sendern verbreitet werden.
Wir strecken den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine und Russlands die Hand aus. Ihr gehört zur europäischen Familie, und wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam ein friedliches Zusammenleben auf unserem Kontinent organisieren können.
Wir haben die Bilder der Soldatenfriedhöfe vor Augen – von Wolgograd über Riga bis Lothringen. Wir sehen die frischen Gräber, die dieser sinnlose Krieg in der Ukraine und in Russland hinterlassen hat. Während sich die meisten EU-Regierungen und Verantwortlichen einen Krieg vorstellen können und verdrängen, was Krieg für die Bevölkerung bedeutet, denken wir an die Lektion des letzten Jahrhunderts: Europa heißt „Nie wieder Krieg!“
Wir erinnern uns an die europäischen Aufbauleistungen des letzten Jahrhunderts und an die Versprechen von 1989 nach der friedlichen Revolution. Wir fordern ein europäisch-russisches Jugendwerk nach dem Vorbild des deutsch-französischen Jugendwerks von 1963, das die „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich beendet hat. Wir fordern ein Ende der Sanktionen. Wir weigern uns, unsere Steuergelder für Rüstung und Militarisierung zu verschwenden, auf Kosten von Sozialstandards und Infrastruktur. Im Rahmen einer OSZE-Friedenskonferenz fordern wir die Schaffung einer europäischen Sicherheitsarchitektur mit und nicht gegen Russland, wie in der Charta von Paris von 1990 festgelegt. Wir fordern ein neutrales, von den USA emanzipiertes Europa, das eine vermittelnde Rolle in einer multipolaren Welt einnimmt. Unser Europa ist post-kolonial und post-imperial.
Wir, die Bürger Europas, erklären diesen Krieg hiermit für beendet! Wir machen bei den Kriegsspielen nicht mit. Wir machen aus unseren Männern und Söhnen keine Soldaten, aus unseren Töchtern keine Schwestern im Lazarett und aus unseren Ländern keine Schlachtfelder.
Wir bieten an, sofort eine Abordnung europäischer Bürgerinnen und Bürger nach Kiew und Moskau zu entsenden, um den Dialog zu beginnen. Wir werden nicht länger zusehen, wie unsere Zukunft und die unserer Kinder auf dem Altar der Machtpolitik geopfert wird.
Es lebe Europa, es lebe der Friede, es lebe die Freiheit
Erklärung zum 80. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus
am 06.05.2025 | Lesedauer 2 Minuten
Am 08./09. Mai 1945 wurde die Welt vom Nationalsozialismus befreit. Die Hauptlast dieser Befreiung trug die Rote Armee der Sowjetunion, gegen die Nazideutschland einen einzigartigen Raub- und Vernichtungskrieg führte, der 27 Millionen Sowjetbürgerinnen und -bürgern das Leben kostete: an der Front, im Partisanenkampf, durch Bomben, in Konzentrations- und Arbeitslagern, durch Hunger und Kälte. Im gemeinsamen Kampf der Anti-Hitler-Koalition konnten letztendlich die Nazis besiegt werden.
80 Jahre später scheint nun alles vergessen und die Geschichte soll umgeschrieben werden.
Wurden nach dem Krieg die NS-Führer noch für die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges von der Weltgemeinschaft verurteilt, wird heute versucht, die deutschen Verbrechen zu relativieren. Das geht sogar so weit, der Sowjetunion eine Mitschuld am Krieg zuzuschreiben. Das ist schamlos und nicht zu dulden!
Uns wird täglich erzählt, Russland sei unser Feind. Russland wolle die NATO angreifen. Das ist „nicht nachweisbar“ (Oberst a.D. Wolfgang Richter), „absurd“ (US-Sondergesandter Steve Witkoff) und „Unsinn“ (Ex-General Harald Kujat). Ein Angriff Russlands käme einem Selbstmord gleich. Denn die mehrfache militärische Überlegenheit der NATO-Staaten ist belegt und steht außer Zweifel.
Die täglich auf allen Kanälen erzeugten Bedrohungsängste dienen einzig dazu, die Zustimmung der Bevölkerung für das Vorantreiben einer unbegrenzten Hochrüstung zu bekommen. Dadurch soll eine kriegstüchtige und kriegsbereite Gesellschaft entstehen.
Dabei wird in Kauf genommen, dass das Geld für dringende Aufgaben des Staates fehlt: Gemeinden sind finanziell am Limit, Bildungs- und Gesundheitswesen unterfinanziert, bezahlbarer Wohnraum Mangelware und für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur ist kein Geld mehr da.
80 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus fordern wir, dass die Politik wieder von Vernunft geleitet wird und Diplomatie und Entspannung im Gepäck haben muss.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die Spaltung Deutschlands beendete, schreibt fest, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen darf und die Sicherheitsinteressen aller Länder in einer europäischen Sicherheitsarchitektur gewährleistet werden muss.
Stoppen wir die drohende Kriegsgefahr, indem wir Brücken bauen,
statt diese immer weiter einzureißen.
Initiative "Nie wieder Krieg
– Die Waffen nieder!"
von Ekkehard Hausen, Isabell Kuchta-Papp, Helmut Lohre am 07.07.2025 | Lesedauer 10 Minuten
Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24.2.2022 besteht nicht nur in der Gesamtgesellschaft, sondern auch in der Friedensbewegung eine große Verunsicherung darüber, wie das alles zu bewerten und einzuordnen ist. Viele, die sich bisher als Pazifisten gesehen haben, sahen ihre gewaltfreie Grundüberzeugung erschüttert, hatte doch ein großes Land seinen kleinen Nachbarn aus scheinbar heiterem Himmel überfallen. Hier konnte man doch nicht teilnahmslos zusehen, man musste einfach etwas tun gegen die „imperialistische Aggression“, das „Jahrhundertverbrechen“, den „Vernichtungskrieg“. Andernfalls geriet man schnell in den Ruch von „Russlandversteher“, „Lumpenpazifist“ oder gar „Moskaus 5. Kolonne“.
Um aber Wege aus dem Krieg zu finden, müssen wir vom Schwarz-Weiß-Denken abkommen und dabei auch die historischen Hintergründe einbeziehen. Deshalb hat das „Regionale Friedensbündnis VS“ häufig geäußerte Meinungen zum Ukrainekrieg aufgegriffen und diese aus friedenspolitisch-pazifistischer Sicht kommentiert. So sind 12 Thesen mit den jeweiligen Entgegnungen entstanden.
1. Der Westen trägt an diesem Krieg keine Schuld, Russland hat ihn begonnen – trotz aller diplomatischen Versuche, die Gewalt zu verhindern.
Unbestreitbar ist der russische Angriff auf die Ukraine völkerrechtswidrig. Der militärische Einmarsch in ein souveränes Land mit katastrophalen Folgen für dessen Menschen und das Land ist nicht zu rechtfertigen.
Jedoch: Der Krieg kam nicht aus heiterem Himmel, sondern der Konflikt hat eine lange Vorgeschichte, an welcher der Westen großen Anteil hat. So lehnte man seit der Wende 1990 sämtliche russischen Vorschläge zu einer gemeinsamen europäischen Friedensordnung ab. Stattdessen dehnte man - entgegen der auf höchster Ebene gemachten Versprechen, die es trotz aller Dementis nachweislich gab - das NATO-Militärbündnis bis zur russischen Grenze aus. Noch im Dezember 2021 – 3 Monate vor Kriegsbeginn – ignorierte man das russische Angebot zu Gesprächen und Verhandlungen über den inzwischen schon sehr zugespitzten Konflikt. Auch als der Krieg 2022 schon begonnen hatte, wollte man nichts von einer schnellen Beendigung und damit friedlichen Lösung wissen. Denn auf Vermittlung sowohl des israelischen Ministerpräsidenten Bennett als auch des türkischen Präsidenten Erdogan hatte es im März und April 2022 weitreichende Verhandlungen über einen Waffenstillstand gegeben, ein unterschriftsreifes Abkommen zwischen der Ukraine und Russland lag bereits auf dem Tisch. Der ukrainische Präsident Selenski selbst lobte die Einigung gegenüber russischen Journalisten. Doch anstatt dies zu unterstützen, torpedierten die USA, Großbritannien und die NATO diesen Kompromissfrieden, indem sie die Ukraine drängten, den Krieg weiter zu führen und dazu Unterstützung mit Waffenlieferungen versprachen. Es gab also keine ernstgemeinten diplomatische Versuche des Westens, die Gewalt zu verhindern.
2. Die osteuropäischen Staaten müssen sich doch frei entscheiden können, ob sie sich dem NATO-Bündnis anschließen wollen. Sie sind ja nicht gezwungen worden und ihr Entschluss basiert auf ihren negativen geschichtlichen Erfahrungen mit der Sowjetunion.
Erst einmal klingt das Argument überzeugend und lange Zeit hatte Russland auch keinen Widerspruch gegen die Beitritte eingelegt. Die Osterweiterung der NATO aber war politisch unklug.
Sie erfolgte entgegen der Zusage, die Gorbatschow gegeben worden war, die NATO keinen Zoll nach Osten zu erweitern. So wurde der historische Moment verpasst, eine gesamteuropäische Sicherheitsordnung gemeinsam zu erstellen.
Spätestens, als es um die Aufnahme der Ukraine ging und die Äußerungen westlicher Politiker nicht eindeutig waren, hätte man die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigen müssen. Dass für Russland hier die rote Linie lag, hatte Putin sehr deutlich gemacht. Die USA hatten es sich in der Cuba-Krise 1962 nicht bieten lassen, dass russische Atomraketen vor ihrer Haustür stationiert wurden
3. Die „Entspannungspolitik“ der 70er und 80er Jahre gegenüber Russland ist gescheitert, da der Westen zu nachgiebig war. Deshalb ist die „Zeitenwende“ mit Stärkung des Militärs überfällig.
Das Problem ist eher umgekehrt, dass in den Jahren nach 1990 die Entspannungspolitik, der Deutschland die Wiedervereinigung und Europa viele Friedensjahre zu verdanken hat, nicht weitergeführt wurde. Weil die USA sich als Sieger des Kalten Kriegs sahen und Russland auf Dauer schwächen wollten, gingen sie nie ernsthaft auf dessen Verständigungs- und Kooperationsangebote ein (z.B. „Europäisches Haus“ von Gorbatschow und Kohl). Ohne russische Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen, wurden die EU und NATO bis an die russische Grenze ausgeweitet, zudem Rüstungskontrollabkommen gekündigt und Raketenabwehrsysteme in Polen und Rumänien stationiert, die ohne großen Aufwand mit atomaren Angriffsraketen bestückt werden könnten. So entstanden immer mehr Gegensätze, die bis zur heutigen Gegnerschaft führten. Der Kampf um die Ukraine, die schon immer in sich gespalten war, war dann der letzte Stein, der die kriegerische Auseinandersetzung ins Rollen brachte. Die sogenannte „Zeitenwende“ packt das Übel von der genau falschen Seite an: Immer mehr Waffen und Militär führen zu immer stärkerer Eskalation und gefährlicher Feindschaft.
4. Krieg darf sich nicht lohnen - ein Angriffskrieg darf sich für die Angreifer nicht auszahlen
Eine richtige Feststellung. Aber wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen? Ein Beispiel: Die USA hat laut eigenem Wissenschaftlichem Dienst des US-Kongresses seit 1991 ca. 250 militärische Auslandseinsätze unternommen, ohne dass es je eine so empörte Reaktion gegeben hätte wie jetzt zu Recht gegen Russland. So wurde z.B. der Irak überfallen mit bis zu 1 Million Toten, aber fast nie war die Rede vom „US-amerikanischen Angriffskrieg gegen den Irak“, wie es nun umgekehrt bei Russland permanent wiederholt wird. Der damals verantwortliche US-Präsident Bush wurde nie wie jetzt Putin vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als Kriegsverbrecher angeklagt und kein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Ähnlich verhält es sich mit den Kriegen gegen Serbien, Afghanistan oder Libyen.
Eindeutig herrscht hier eine Doppelmoral.
5. Verhandlungen mit Putin machen keinen Sinn, da man sonst auf seine Maximalforderungen eingehen müsste (Krim, Donbass, Neutralität).
Auch die Ukraine beharrt auf maximalen Forderungen wie z.B. der Rückeroberung der Krim, was sogar in der Verfassung verankerte wurde. Wenn aber beide Seiten auf ihren Maximalforderungen bestehen bleiben, wird der Krieg sich endlos in die Länge ziehen, ähnlich dem grausamen Stellungskrieg im 1. Weltkrieg. Diplomatischer Druck von außen muss die Gegner zwingen, aufeinander zuzugehen und für Kompromisse bereit zu sein.
Andernfalls droht ein dauerhafter Kriegszustand mit dem Risiko der unkalkulierbaren Eskalation.
Stattdessen sollten die bereits im März und April 2022 vereinbarten Kompromisse wieder aufgegriffen werden, als Russland bereit war, sich hinter die Linien von vor dem 24. Februar zurückzuziehen und auf den Regimewechsel in der Ukraine zu verzichten, während die Ukraine im Gegenzug die eigene Neutralität zusagte und auf den NATO-Betritt zu verzichten bereit war (s. These 1).
6. Mit Putin kann man überhaupt nicht verhandeln, er will die alten Grenzen der SU wiederherstellen und ein russisches Imperium errichten. Die Ukraine ist nur der erste Dominostein. Danach sind NATO-Länder dran.
Dass Russland zu Verhandlungen bereit ist, wurde bei den nahezu erfolgreichen Waffenstillstandsverhandlungen vom März und April 2022 erkennbar (s. These 1 und 5). Es waren die westlichen Regierungen, allen voran die USA und Großbritannien, die einen Vertragsabschluss verhinderten.
Inzwischen ist es sogar umgekehrt so, dass die ukrainische Regierung per Dekret Verhandlungen mit Putin verboten hat.
Für die verbreitete Annahme, Russland wolle sich die Ukraine einverleiben oder gar die alten Grenzen des Zarenreichs oder der Sowjetunion wiederherstellen, wie es in westlichen Medien oft zu lesen ist, gibt es keinen Beleg. Im Gegenteil, Putin sagt, das sei gegen jede Vernunft. Denn auch er bzw. die russische Führung weiß, dass dies den 3. Weltkrieg auslösen würde und damit einen nicht mehr kontrollierbaren Atomkrieg.
7. Der gesamte russische Staat ist diktatorisch und eine mafiöse kriminelle Organisation. Dieses Beispiel darf keine Schule machen. Auch deshalb müssen die Kontakte zu Russland auf ein Minimum begrenzt werden.
Vielen Staaten wird wie Russland der Vorwurf gemacht, diktatorisch und mafiös zu sein. Würde nur mit den den eigenen Vorstellungen entsprechenden demokratischen Staaten verhandelt, d.h. nur nach moralischen Gesichtspunkten ausgewählt werden, dürften z. B. auch keine Kontakte mit Saudi-Arabien oder Katar aufgenommen werden. Das ist aber der Fall. Manches Mal sind in der Politik nur so Wege eröffnet worden. Als Beispiele: Geiselaustausch und Waffenruhe im Nahen Osten durch Vermittlung von Katar oder die Entspannungspolitik der 70er Jahre unter Willy Brandt und Egon Bahr. Auch damals entsprachen die Sowjetunion und die Ostblockländer nicht unseren Vorstellungen von demokratischen Staaten. Dennoch wurde mit ihnen erfolgreich verhandelt.
8. Erst ein Regimewechsel in Russland führt zum Ende des Krieges. Solange müssen der Krieg und die Sanktionen weiter gehen.
Ein Regimewechsel in Russland ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erkennen. Und sollte es dennoch dazu kommen, wäre denkbar, dass noch radikalere Kräfte an die Macht kommen.
Mit militärischen Mitteln vom Westen verursachte Regimewechsel haben in den letzten Jahrzehnten sehr heftige destruktive Folgen in den entsprechenden Ländern verursacht. Die unmittelbar betroffenen Länder wie Afghanistan, Libyen und Irak sind weit entfernt von stabilen Verhältnissen. Es herrscht dort größte Armut, während die Kriegseinsätze riesige Summen kosteten, der Kriegseinsatz der USA in Afghanistan allein über zwei Billionen US Dollar.
9. Ohne Waffengewalt müsste sich die Ukraine dem Aggressor unterwerfen. Mit friedlichen und gewaltfreien Mitteln kann man sich nicht gegen den russischen Vernichtungskrieg wehren.
Jedes Land, das angegriffen wird, hat laut UN-Charta Art. 51 das Recht sich zu verteidigen. Das entbindet nicht der Verpflichtung, alle nur möglichen Wege aus der Eskalation zu suchen und sie aktiv zu befördern. Vermittlungen wurden immer wieder angeboten: von China, von Brasilien, von Mexiko, von Südafrika. Anstatt sie negativ zu bewerten oder sogar zu belächeln – wie von der Politik wie in den Medien vielfach geschehen – sollten sie aufgegriffen und unterstützt werden. Denn inzwischen sieht es immer mehr danach aus, dass die Ukraine – wenn nicht bald erfolgreich Friedensverhandlungen geführt werden – sich trotz der verlustreichen Verteidigung dem Aggressor unterwerfen muss. Es droht ein lang andauernder Kriegszustand, an dem niemand ein Interesse haben kann.
Gewaltfreie Verteidigung – d. h. ohne Waffen - braucht eine Einübung in Friedenszeiten. Damit müsste endlich begonnen werden. Ein Schritt wäre es jetzt schon, Kriegsdienstverweigerern Asyl zu gewähren, denn sowohl in Russland als auch in der Ukraine werden sie strafrechtlich verfolgt, obwohl Kriegsdienstverweigerung 1987 von der UNO als Menschenrecht anerkannt wurde.
10. Die Ukraine muss selbst entscheiden, ob sie bereit zu einem Waffenstillstand ist oder weiter Krieg führen will.
Ohne die starke militärische Unterstützung des Westens könnte die Ukraine diesen Krieg nicht führen. Hinzu kommt die Ausbildung von ukrainischem Militär an den zu liefernden Waffen. Auch da entscheiden die westlichen Staaten mit.
Es gibt aber noch mehrere Gründe, der Ukraine nicht allein die Entscheidung zu überlassen: die militärische Unterstützung kostet Milliardenbeträge, die den Ländern in den sozialen Bereichen und global bei der Bekämpfung der Klimakrise fehlen.
Zudem betreffen die drohenden Folgen einer Eskalation des Krieges nicht allein die Ukraine. Der zu befürchtende Einsatz von Atomwaffen könnte einen vernichtenden Flächenbrand entfachen, der auch weit über die Grenzen Europas hinaus eine Gefahr für die gesamte Menschheit bedeutet. Das Eskalationsrisiko kann deshalb nicht allein der Ukraine überlassen werden.
11. Die Ukraine verteidigt auch unsere Freiheit, denn der Angriff auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf die Demokratie und die westlichen Werte.
Hier muss man sich die Frage stellen, welche Werte verteidigt werden müssen. Einen hohen Stellenwert hat sicher u.a. die Meinungsfreiheit. Aber zu den Werten gehören auch der Frieden (Art. 1 Abs. 2 GG „Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten...des Friedens...“ ) und der Schutz von Leben (Art. 2 Abs.2 GG „das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“). Über diese zu verteidigende Werte wird viel zu wenig gesprochen. Stattdessen findet im Osten der Ukraine ein Stellungskrieg ähnlich dem im ersten Weltkrieg statt, der Tausende von Menschenleben kostet und den Konflikt keinen Schritt einer Lösung näherbringt.
Oft geht es auch gar nicht um Werte, sondern um handfeste Interessen, wenn z.B. große westliche Agrarkonzerne Tochterunternehmen gründen, um im großen Maßstab fruchtbare ukrainische Ackerböden aufzukaufen. Spätestens hier wird erkennbar, dass viel Heuchelei mit im Spiel ist.
12. Es müssen immer neue und härtere Sanktionen ergriffen werden, um Russland zu schwächen.
Bisher haben die Sanktionen wenig Erfolg gezeigt. Russland hat neue Abnehmer gefunden und Deutschland muss Energie zu wesentlich höheren Preisen beziehen. Absurderweise kauft Deutschland jetzt teures Öl entweder von Indien, das es billig von Russland bezieht, oder teures umweltschädlich gewonnenes Fracking-Gas aus den USA oder Öl aus Aserbaidschan oder Katar. Die moralischen Ansprüche spielen dann plötzlich keine Rolle mehr.
Regionales Friedensbündnis VS, Januar 2024
Text: Ekkehard Hausen, Isabell Kuchta-Papp, Helmut Lohrer
Vortrag von Clemens Ronnefeldt: Geschichte und Lösungsansätze im Nahostkonflikt
mit Fokus auf die Arbeit der Friedens- und Menschenrechtsgruppen
am 08.03.2025 | Lesedauer 1 Minuten
Der Nahostkonflikt zählt zu den am längsten andauernden und am schwersten zu lösenden Konflikten überhaupt.
Clemens Ronnefeldt wird die Geschichte dieses Konfliktes erläutern und darüber informieren, welche bisherigen Lösungsversuche es gegeben hat. Ebenso wird er die Friedens- und Menschenrechtsgruppen vorstellen, die in der hoch eskalierten Lage einen schweren Stand auf beiden Seiten haben.
Clemens Ronnefeldt, Diplom-Theologe und seit 1992 Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes, hat seit 1990 an zahlreichen Friedensdelegationen u.a. nach Irak, Iran, Libanon, Jordanien, Ägypten, Israel und Palästina teilgenommen.
Dem 1914 gegründeten Internationalen Versöhnungsbund gehören aktuell rund 100 000 Mitglieder in rund 40 Staaten der Erde an. Sechs Friedensnobelpreisträger gingen aus dem Friedensbund hervor, darunter Dr. Martin Luther King. Der Internationale Versöhnungsbund hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen.
Termin: Montag, 17.3.2025, 19.00 Uhr
Ort: Münsterzentrum, Ewald-Huth-Saal (EG), Kanzleigasse 30, 78050 VS-Villingen
Veranstalter: Friedensbündnis VS in Kooperation mit der kath. Seelsorgeeinheit Villingen
Jürgen Grässlin am Montag, 16.10.2023 um 19.30 Uhr in VS-Villingen
am 12.10.2023 | Lesedauer 2 Minuten
„Wir leben in einer Zeit nie gekannter Militarisierung und Aufrüstung“, so Jürgen Grässlin im Tagesgespräch, SWR 2 Aktuell, am 5. Dezember 2022. Die weltweit größten Rüstungskonzerne haben seit Jahren gewaltige Umsatzzuwächse; Rüstungsexporte gehen ohne größere Bedenken in Staaten, die Menschenrechte verletzen und die Krieg führen.
Jürgen Grässlin kommt aus Freiburg, ist Friedensaktivist, Rüstungsgegner, Gewerkschafter, erfolgreicher Buchautor; er setzt sich seit Jahrzehnten ein gegen Waffenhandel, gegen Krieg und Gewalt – mit Recherchen in vielen Ländern, mit Kampagnen und mit juristischen Mitteln. Bekannte Werke von ihm sind z.B. „Den Tod bringen Waffen aus Deutschland. Von einem, der auszog, die Rüstungsindustrie das Fürchten zu lehren“ (1994) und „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient“ (2013).
Jetzt ist erschienen „Einschüchtern zwecklos. Unermüdlich gegen Krieg und Gewalt – was ein Einzelner bewegen kann“ (2023). Er erklärt die Motive für seine Arbeit, seine Vorgehensweisen, seine Erfolge und er schreibt auch über Misserfolge. Seine jahrelange juristische Auseinandersetzung mit der Rüstungsfirma Heckler&Koch im benachbarten Oberndorf ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, was er und sein Rechtsanwalt Holger Rothbauer erreichen konnten.
Lob für diese Lebensaufgabe und die erreichten Erfolge gibt es von vielen Seiten, Empörung natürlich von der Rüstungsindustrie. Der Musiker und Freund Konstantin Wecker zum Beispiel dankt Grässlin für seine langjährige Arbeit und weist hin auf die Aktualität: „… Gerade jetzt brauchen wir dieses Buch zur Ermutigung. Ja, lieber Jürgen, wir wollen uns wehren. Für eine andere, lebenswerte, bessere Welt.“
Auf Anregung des Regionalen Friedensbündnisses VS liest Jürgen Grässlin am 16. Oktober ab 19.30 Uhr aus seinem neuesten Werk in der Buchhandlung Osiander in VS-Villingen.
Antikriegsdemo auf dem Marktplatz in Schwenningen am 27.02.2022.
Krieg gegen das Völkerrecht, gegen Demokratie, gegen die Freiheit der Menschen und eines Landes - das hören und sehen wir seit Tagen in den Medien: Überfall der „Großmacht“ Russland gegen das Nachbarland Ukraine.
Krieg wird ausgetragen auf dem Rücken der Menschen. Täglich sterben Frauen, Kinder, Männer – auf verschiedenen Seiten. Krieg bringt Leid und Tränen von Eltern und Großeltern, die um ihre Söhne, Töchter und Enkel weinen.
Wir sind sprachlos, hilflos, ratlos, entsetzt und verzweifelt. Können wir irgendetwas tun?
Friedlich demonstrieren, das Entsetzen deutlich machen über diesen Bruch des Völkerrechts, über Menschenrechtsverletzungen jeden Tag, jede Stunde.
DANKE für die Kundgebungen am Wochenende in Villingen und Schwenningen; Forderungen nach sofortiger Waffenruhe, für Frieden und Demokratie - Kinder, Menschen in jedem Alter, aus vielen Ländern zeigten ihre Betroffenheit und ihre Solidarität mit den Leidtragenden in der Ukraine.
Es gibt keine militärischen Lösungen - es müssen politische Lösungen gefunden werden. Aufrüstung der Bundeswehr und Waffenexport führen nicht weiter, sie verstärken nur die Konfrontation und Eskalation, die bis zur atomaren Katastrophe führen kann. Es gibt keinen anderen Weg als Verständigung und Verhandlungen mit der Bereitschaft zu Kompromissen auf beiden Seiten. Humanitäre Hilfen und Solidarität von uns sind weiter dringend nötig.
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